Ausflug nach Filitosa
Unheimliche Steinkolosse mit zahnlosem Mund, massigem Kinn und hohlen,
ausdruckslosen Augen findet man zu Dutzenden auf Korsika: Menhire, steinerne Zeugen aus der Megalithzeit.
Korsika ist besonders reich an diesen steinernen Zeugen.
Angefangen hat das wie fast überall an den Küsten Europas und Nordafrikas mit Dolmen und
ganz gewöhnlichen Menhiren um das Jahr 3000 v.Chr.
Dann aber, rund tausend Jahre später, sahen die korsischen Menhire allmählich anders aus.
Aus den üblichen Steinsäulen wurden behauene Gebilde, unten schmaler und oben breiter, vorne flach und hinten rund
gewölbt, als seien sie stark stilisierte menschliche Körper ohne Kopf und Gliedmaßen, mit breiten,
eckigen Schultern, einer flachen Brust und einem flachen Bauch und mit einem gewölbten Rücken.
Um 1500 v.Chr. bildeten sich,
getragen von den steinernen Schultern, Köpfe heraus, zunächst noch als unbehauene Kugeln, Eier oder Zylinder.
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Wenig später lassen sich schwache Vertiefungen im Gesicht erkennen: die Augen und der Mund.
Deutlich zeichnet sich das Kinn ab. Schließlich tritt noch eine ausgeprägte, oft fast knollige Nase hinzu.
Die korsischen Megalithbildhauer hatten die ersten westeuropäischen Monumentalstatuen geschaffen,
viele Jahrhunderte vor den rohen Standbildern der archaischen Epoche im alten Griechenland.
Doch dann ereignet sich Merkwürdiges: Ab etwa 1200 v.Chr. tragen die Menhirstatuen Waffen!
Quer über ihrer steinernen Brust hängen Dolche, Degen und lange Schwerter. Gliederpanzer schützen
ihre Brust und ihren Rücken. Rundhelme mit aufgebogenem Rand und mit ausgeprägtem Nackenschild bedecken ihre Köpfe,
Helme, die offenbar einmal zwei Stierhörner getragen haben müssen. Deutlich lassen sich die Vertiefungen erkennen,
in die der eigenartige kriegerische Kopfschmuck eingesetzt war.
Das alles ist ungewöhnlich, denn Jahrtausende hindurch waren die Menhirbauer ein ausgesprochen friedliebendes
Volk gewesen, hatten Ackerbau betrieben und Kleintiere gezüchtet. Wenn sie jetzt plötzlich beginnen, Krieger
darzustellen, dann kann das nur bedeuten, dass sie angegriffen wurden. Weil Korsika eine Insel ist,
muss der Feind von der See gekommen sein.
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Und in der Tat finden sich im Süden der Insel, ausgehend von der Bucht von Porto-Vecchio,
noch andere Zeugnisse eines kriegerischen Überfalls: Die Eindringlinge stürzten die alten Menhirstatuen um und
zerschlugen oder begruben die Steinfiguren. Sie zerstörten die Siedlungen der einheimischen Mlegalithleute
und errichteten befestigte turmartige Stützpunkte auf den Ruinen.
Bei Filitosa - erst 1956 dentdeckt! - legten sie regelrechte Kastelle an.
Wer waren diese Krieger, die vom Meer kamen? Man nennt sie Torrier, wegen der auffälligen steinernen Türme,
die sie bauten. Aber das sagt nichts darüber aus, wer sie wirklich waren und woher sie kamen.
Hier helfen die bewaffneten Menhirstatuen weiter. Die alteingesessene Bevölkerung Korsikas
lebt zur Zeit des Angriffs noch in der Steinzeit. Sie kannte weder Bronze noch Eisen.
Ihre Waffen waren Speere mit steinernen Spitzen. Wenn die Bildhauer jener Zeit aber auf einmal Statuen
von Kriegern mit metallenen Dolchen, Degen und Schwertern schufen, dann konnten das keine Abbildungen
er eigenen Mannen sein. Sie stellten ihre Feinde dar. Warum sie das machten? Vielleicht, um die
Heldentaten ihrer Verstorbenen zu rühmen, indem sie die Statuen der überwundenen Feinde um die
Gräber der eigenen Krieger aufstellten, so, wie es früher auch in Südsibirien der Brauch war.
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Die rätselhaften Angreifer suchten zur gleichen Zeit weite Teile des ganzen Mittelmeeres heim.
Nur sie konnten es gewesen sein, die damals als Torrier auch Korsika überfielen.
Die Altertumsforscher haben den räuberischen Seefahrern, die vor rund 3200 Jahren das Mittelmeer unsicher machten,
einen Namen gegeben: »Seevölker«. Sie unterscheiden sogar zwischen verschiedenen Gruppen, den Schardanen zum
Beispiel oder den Philistern. Wer waren diese Völker wirklich?
Waren sie die Bewohner des sagenhaften versunkenen Kontinents Atlantis
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