Joseph Conrad

Cutty Sark Wer die Themse hinaufsegelt, um in der wunderbaren Marina "St.Kats" an Stb unmittelbar vor der Tower-Bridge festzumachen , passiert den Null-Meridian, der durch Greewich verläuft und unseren Globus in zwei geographische Halbkugeln, die östliche und die westliche teilt, die sich in der Datumsgrenze wieder treffen.





Als wir "Cutty Sark" besichtigen wollen, brennt sie kurz vorher aus.
Unser Skipper absolvierte einen Summer Course of Modern Englisch Law an der London School of Economics, versäumt aber einen Besuch, SF Eberhard schenkt ihm ein magnetisiertes Modell dieses Schiffs, auf dem das Drama spielt, dessen Seegerichtsakten der rechtskundige Segler damals einsehen kann:



Anklage:

Über die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten (A) war lediglich zu ermitteln, dass er die Kadettenschule in Conway besuchte, ledig und nicht vorbestraft ist.


Vorgeschichte der Tat
Auf einem Posten voller Verantwortung - erst 14 Tage vor der Tat hatte er das Kommando auf der "Otago" übernommen - war er nach dem 2. Offizier Jüngster an Bord. Die "Otago" war auf der Heimreise aus dem Golf von Siam nach England.

Der 25jährige Beteiligte L** war 1. Offizier auf der "Sephora" aus Liverpool mit einer Ladung Kohlen unterwegs nach Thailand. Auf der Breite von ca. 39° S erdrosselte L** am 3. Juni 18** während eines Sturmes einen Matrosen im Handgemenge unter einer Sturzsee; dieser Matrose hatte einen Befehl verweigert und L**, der ihn deswegen niedergeschlug, wiederum tätlich angegriffen. Der Kapitän der "Sephora" enthob L** seines Amtes, nahm ihn vorläufig fest und schloß ihn während der Nacht in dessen Kammer ein. Als die "Sephora" am 10. August im Golf von Thailand ca. 5sm vor der Küste vor Anker ging, sprang L** in einem unbeobachteten Moment nachts über Bord und erreichte schwimmend die nächstgelegene (unbewohnte) Insel. Als er zu einer zweiten Insel schwimmen wollte, entdeckte er die "Otago" und schwamm nunmehr dorthin.

Die "Otago" war aus dem Fluß Chao Phraya geschleppt worden und ankerte vor einer Sandbank. Bei Sonnenuntergang hatte der A. bemerkt, dass die "Sephora" in der Nähe Anker geworfen hatte. Aus ungeklärten Gründen ließ der A. in dieser Nacht keine Ankerwache gehen, sondern blieb selbst allein bis 1 Uhr des folgenden Tags an Deck.

Erste Tat

Während seines ersten Rundgangs entdeckte der A. den sich unten am Fallreep festklammernden, unbekleideten L**, ließ ihn an Bord und verbarg ihn, in Kenntnis des Vorgeschehens und in der Erwartung, dass die Verantwortlichen von der "Sephora" ihn suchen kommen würden, in seiner Kajüte. Am Tage darauf erschien der Kapitän der "Sephora", der Zeuge Archbold, mit 4 Matrosen an Bord der "Otago". Er teilte dem A. die Geschehnisse mit. Dieser führte ihm das ganze Schiff vor, in der Absicht, in Kaptitän Archbold die falsche Vorstelung zu erwecken, L. sei nicht an Bord des Schiffes.

Zweite Tat

Am 12. August ging die "Otago" Anker auf. Am 19. August vereinbarte L**, der sich noch immer in der Kajüte des A. verborgen hielt, mit diesem, möglichst nahe unter die Südspitze der Insel Koh-Ring zu gehen, damit L** unentdeckt von Bord könne. Der A. ließ die Achter-Pforten öffnen und näherte sich nachts auf etwa 1/2 Meile gefährlich nahe der von Klippen umgebenen genannten Insel, wobei er billigend in Kauf nahm, das Leben der Mannschaft und die Sicherheit des Schiffes zu gefährden. L** verließ während eines Wendemanövers das Schiff und gilt seitdem als verschollen bzw. flüchtig.

Der A. ist im Wesentlichen geständig; er lässt sich wie folgt ein:
Er habe seiner Mannschaft in der Nacht nach dem Auslaufen auf dem Fluss Menam Ruhe gönnen wollen; die Leute hätten in den beiden letzten Tagen schwer gearbeitet und die Nacht vorher sehr wenig Schlaf gehabt. Er habe es als peinlich empfunden, dass er - ein Fremder, etwas Ungewöhnliches tat, als er alle Leute zu Bett schickte, ohne eine Ankerwache aufzustellen. Er habe in dieser Nacht, wo er ohnehin wegen seines ersten verantwortlichen Kommandos etwas aufgeregt gewesen sei und nicht habe schlafen können, mit dem Schiff vertrauter werden wollen. Das nicht eingeholte Fallreep habe ihn geärgert, er hasse Disziplinlosigkeit auch in Kleinigkeiten. Letztlich habe er dies aber seiner eigenen Handlung, nämlich Dispens aller von der Ankerwache, zugeschrieben, was verhindert habe, daß die erste Wache das Fallreep eingeholt hätte.

Als erstes habe er geglaubt, am Fallreep hinge eine im Waser schwimmende nackte männliche Leiche ohne Kopf. L** habe sofort seine Tat ihm gegenüber offenbart, und mit den Worten kommentiert "Ein nettes Geständnis für einen Schüler aus Conway". Diese Tatsache, sowie das etwa gleiche Alter und das "Fremdsein" beider an Bord, eine gewisse Ähnlichkeit und anderes mehr hätten in ihm plötzlich die Vorstellung geweckt, er habe einen Doppelgänger vor sich. Er habe den Schwimmer für sein zweites Ich gehalten.
Das Schiff sei zwar nahe an der Küste und während des schwachen Windes auch schwer manövrierbar gewesen. Letztlich habe aber L** das Schiff gerettet, weil dessen verlorener Hut ihm, dem A. als schwimmendes "Seezeichen" ermöglicht habe, die relative Bewegung des Schiffes durchs Wasser zu erkennen und ein zu weites Abfallen zu verhindert.

Die beschlagnahmten Aufzeichnungen des A. zeigen deutlich, dass dieser offensichtlich glaubt, sich außerhalb Recht und Gesetz stellen zu dürfen.
"Es war, als prüften wir ...fern von allen menschlichen Augen, ohne andere Zuschauer und Richter als den Himmel und die See"
Und - besonders menschenverachtend - in Bezug auf den von L** getöteten Matrosen: Er kenne gut genug die verpestende Gefahr solcher Charaktere dort, wo es kein gesetzliches Mittel gab, sie niederzuhalten. Der junge Seemann habe eine wertlose, aufsässige Existenz ausgelöscht.

Koh-Ring



Koh-Ring

Otago


Qeensborough

An Bord gibt es eine lange Diskussion, die wir nochmals aufnehmen, als wir auf der Rückfahrt vor Queensborough ankern. Eine einheitliche Meinung haben wir nicht.

Und jemandem kommt die Geschichte irgendwie bekannt vor ...
Ob er sie bei einem polnischen Seemann, der Englisch schreibt, schon gelesen hat?
Aber das ist eine andere Sternschnuppe ...

Josoeph Conrad





siehe

Film: