Crew
Skipper
| Felix Graf Luckner, Sachse, Kapitänleutnant zur See, geschieden, 35 Jahre, erfahrener Seemann
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Offiziere
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Alfred Kling, Leutnant z. S., 1 WO
Pries, Unterleutnant
Carl Kircheiss, Navigator
Krause, Erster Ingenieur
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Crew
Zur eigenhändig ausgesuchten
Mannschaft gehören 23 Seeleute,
die wie Luckner alle norwegisch
sprechen und
41 Marinesoldaten,
die unter Deck versteckt werden.
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Die als Norweger getarnte Crew
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SCHIFF
ROUTE
Logbuch 1
1916
24. Dezember:
Als "norwegisches" Schiff getarnt läuft S.M.S SEEADLER bei Sturm aus und durchsteuert die britische Blockade.
Als sie vor Island aufgebracht wird, finden die zur Inspektion an Bord kommenden zwei englischen Offiziere einen Tabak kauenden und spuckenden norwegischen Kapitän und seine von Zahnschmerzen geplagte Frau, gemimt von dem jüngsten und schlanksten Matrosen, vor. Nach gründlicher Untersuchung der gefälschten Schiffspapiere und Austausch von Nettigkeiten auf Englisch und Norwegisch, darf die SEEADLER weiterfahren.
Nach Eintritt in den Atlantik läßt Luckner die Deckslast über Bord werfen und das Schiff klar zum Gefecht machen.
Bei Gibraltar kapert er einen englischer Dampfer. Unter norwegischer Flagge nähert sich der Segler dem ahnungslosen Frachter, tauscht Signale aus und fragt nach der Chronometerzeit. In nächster Nähe wird dann die Kriegsflagge gehisst und ein Warnschuss vor den Bug gesetzt. Vor der Übermacht streicht der Frachter die Flagge, die Mannschaft wird auf die SEEADLER übergesetzt und das Schiff versenkt.
Vorher sind Privateigentum der Seeleute, Wertgegenstände und Proviant übernommen.
Luckners Mission ist es, Handelsschiffe der Alliierten, gegen die Deutschland Krieg führte, zu kapern und zu versenken, mit dem Ziel, den Handel zu stören und das Vertrauen in die Sicherheit der Handelswege zu erschüttern. Bei den Azoren setzt er die Aufbringung von Prisen fort: insgesamt versenkt er 11 Frachter im Atlantik und 3 im Pazifik.
Nachdem er und seine Mannschaft den Atlantik überquert und Rio angesteuert haben, geht der Kurs auf Kap Horn. Unter vollen Segeln umrunden sie sie das gefürchtete Kap Horn.
Die feindlichen Schiffe werden streng nach Prisenordnung geentert und versenkt. Das Vorgehen ist stets gleich. Nur ein einziger Mann wird während aller Aktionen getötet (Douglas Page)
Die "Bevölkerung" auf der SEEADLER wächst auf über 300 Personen an. Das Leben verläuft aber recht vergnüglich; die gefangenen Seeleute dürfen sich, außer bei Kriegshandlungen, auf Deck frei bewegen, und die Kapitäne gründen einen eigenen Klub.
Für die Kapitänsfrauen wird ebenfalls gesorgt. An gutem Essen und edlen Getränken fehlt es nicht, da die Vorräte durch Beute aufgefrischt werden. Auf diesen ritterlichen Umgang mit den Gefangenen gründet sich der spätere gute Ruf des Kommandanten und der Besatzung in einem Krieg mit Millionen von Toten und unendlichem Leid rundum.
Als Wasser und Proviant knapp werden, wird das nächste gekaperte Schiff, die französische GAMBRONNE genutzt, um die vielen Gefangenen los zu werden. Vorher werden sie für die an Bord verbrachte Zeit in Reichsmark entlohnt.
1917
21. März:
Nach einer fröhlichen Feier verabschieden sich 263 Seeleute schiffsweise mit einem dreifachen Hurra. Der GAMBRONNE werden die Masten gekürzt, um ihre Ankunft in Rio hinauszuzögern. Solange sie in Sicht ist, läuft die SEEADLER Nordkurs. Dann dreht sie auf Süd, umrundet nach schneller Fahrt Kap Hoorn und erreicht den Pazifik. Die englische Flotte sucht sie vergebens im Atlantik.
14. Juni bis 9. Juli:
Luckner kapert die A. B. Johnson, die R. C. Slade und die Manila, drei Schiffe unter amerikanischer Flagge. Auf die 28 gefangenen Männer und 1 Frau wartet ein seltsames Schicksal. Nach einer Prisenfahrt von weiteren 2 Wochen auf pazifischen Schifffahrtslinien stellt der Bordarzt Zeichen von Skorbut bei der Crew fest. Man sucht eine unbewohnte Insel und entscheidet sich für das Atoll Mopelia/Gesellschaftsinseln, wo es Fisch und Kokosnüsse in Hülle und Fülle gibt.
31. Juli:
Anker fallen vor Mopelia (Atoll Maupihaa)
SEEADLER liegt in der ruhigen See am Korallenriff vor Anker. Unter strahlend blauem Himmel weht eine laue Brise. Fast zum Greifen nah der traumhaft weiße Strand der palmenbestandenen Südseeinsel. Im Bauch des Seglers stapelt sich Beutegut - darunter das Beste, was die französische Küche zu bieten hat - und etliche Kisten Champagner. Nach neunmonatiger Kaperfahrt endlich Land, und was für ein Land!
Die Insel begrüßte uns mit ihren hohen Palmen und Gummibäumen wie ein Paradies O-Ton Luckner.
2. August:
Grundberührung, das Schiff kommt nicht frei.
[In seinem Bericht vom Juli 1920 an die Admiralität (mit dem Vorschlag auf Tapferkeits-Orden für die Crew) macht Luckner eine Flutwelle für den Schaden verantwortlich - im "Seeteufel" spricht er gar von einem Tsunami aufgrund eines Seebebens, später von riesiegen Schaumwellen wegen eines unterirdischen Vulkanausbruchs!
Alles unwahr! Entweder ist Luckner in eine Falle der drei gefangenen amerikanischen Captains getappt, die ihm bewußt falsche Tipps zum Ankerplatz gaben, als Luckner sie um Rat fragte oder - nach einer anderen Version - befanden sich alle - bis auf drei - zum Picnic an Land, als der Anker slippte. In seiner Aufregung gab der 3. Offizier ein falsches Kommando und setzte das Schiff rückwärts aufs Riff - ein Kriegsgericht hätte gedroht. Luckner ließ alle schwören, zeitlebens die Legende vom Tsunami zu verbreiten...]
4. August:
Beim Sprengen der Masten fängt das Schiff Feuer und verbrennt.
Luckner läßt sich durch den Verlust seines Schiffs nicht entmutigen.
Voller Tatendrang machen er und seine Männer das Beste aus der Situation, schließlich haben sie schon andere Situationen bewältigt. Sie bergen alles Nützliche vom Wrack ab. Aus den Segeln der Bark fertigen die Männer Zelte, die Planken dienen als Boden.
Das bißchen deutscher Boden, die paar Bretter, die in dieser Erdhälfte noch dem Deutschen Reich gehört hatten, unsere Heimat, das einzige, was wir besaßen ...
Buchstäblich die Grundlage für eine neue Kolonie.
Die Gestrandeten bauen eine "Stadt" namerns Seeadlerdorf für sich. Schließlich sind es drei Dörfer, an denen Robinson Crusoe seine Freude gehabt hätte. Die Gefangenen nennen sie nach ihren Bewohnern German-, American- und Frenchtown. In der Mitte zwischen den Deutschen und den Gefangenen stehen einige Eingeborenenhütten. Die Kanakers waren anfangs sehr besorgt, als sie uns als Deutsche erkannten, aber durch unser herzliches Entgegenkommen gewannen wir bald ihr Vertrauen .
Die Insel Mopelia erhebt der Graf zur deutschen Kolonie und gibt ihr den Namen der Schwiegertochter des Kaisers. Nun heißt sie Cäcilieninsel. Die Kolonisten wider Willen richten sich ein. Sie flanieren auf der "Seeadler-Promenade", lauschen dem Platzkonzert auf dem "Marktplatz" und nutzen den endlosen Badestrand. Der frischgebackene Gouverneur vermutet später: Mancher reiche Mann hätte für ein paar Wochen Sommerfrische in unserem Paradies ein kleines Vermögen gegeben.
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1 "Seeadlerdorf"
2 Vogelinsel
3 Ort des Wracks
4 Ehemalige Wetterstation
Etwas über die Insel Mopelia
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Logbuch 2
1917
23. August:
Die Kronprinzessin Cecilie legt mit Graf Luckner und 5 Mann Besatzung ab, Kurs Fidschis.
Luckner hatte das Beiboot (6 müa) mit Takelage und Maschinengewehr versehen. Kronprinzessin Cecilie geht als der "kleinste Kreuzer der deutschen Marine" in die Geschichte ein. Luckners Plan: Irgendein Schiff kapern und mit ihm den Rest der Leute vom Mopelia wegholen.
Zurück bleiben der erste Offizier, Leutnant zur See Alfred Kling, und 58 Mann der Besatzung mit den Gefangenen.
Das offene Boot erreicht ohne Wasser und Proviant nach 450 sm die englischen Cookinseln. Für Tausendsassa Luckner ergibt sich wieder die Möglichkeit, sein schauspielerisches Talent zu beweisen. Er spielt den Engländern einen "spleenigen" Holländer auf Abenteuerreise vor und erhält, obwohl er der am meisten gesuchte Deutsche ist, das dringend Benötigte. Die Odyssee führt die Männer in der Nußschale noch weiter: 25 Tage und 1.350 sm über die pazifische See, bis sie mehr tot als lebendig auf einer Fidschi-Insel landen. Eine seemännische Meisterleistung, ebenbürtig der des Captain Bligh von der Bounty (in derselben Gegend!)
Dort aber, auf Wakaya, warten schon die Engländer auf sie. Die kleine Crew wird gefangengenommen und nach Neuseeland in ein Kriegsgefangenenlager gebracht.
Logbuch 3
1917
13. Dezember:
Perle legt ab.
Noch einmal gelingt es Luckner, auszubrechen.
Der Kommandant des Lagers hat seine prominenten Gefangenen sträflich unterschätzt. Der einfallsreiche Kapitän und seine Leute entwenden das Boot des Lagerkommandanten, das kleine Motorboot Perle, und entkommen. Unter dem Vorwand, ein Theaterstück über die Schlacht im Skagerrak aufführen zu wollen, hatte die Mannschaft bei den Engländern die Zusammenstellung von Requisiten erreicht. Hierzu gehörten auch eine auf ein Bettuch gemalte Reichskriegsflagge und ein alter Säbel.
Mit diesen Gerätschaften ausgerüstet, kapern die Seebären einen Schoner, die neuseeländische Moa.
Die deutsche Kriegsflagge wehte, ich stürzte mich mit geschwungenem Säbel auf die ,Moa', meine Jungs kletterten über die Deckladung ... Alles war wie vom Schlag gerührt. ,Don't kill us!' ... Die Leute blickten entgeistert. So beschreibt der Autobiograph und nach Störtebeker größte deutsche Seeräuber später die Kaperung. Mannschaft und der Kapitän beruhigen sich schnell und fügen sich in ihr Schicksal. Die Freude der Freibeuter, wieder unter dem Reichskriegsflaggen-Bettuch zu segeln, ist nur von kurzer Dauer. Bei der Macaulyinsel werden die gerade wieder zum Flug ansetzenden "Seeadler" vom dem britischen Dampfer Iris, aufgebracht und auf den Kermadec-Inseln festgesetzt.
Logbuch 4
1917
5. September:
Lutece gekapert.
Auch den zurückgelassenen Kolonisten lag das Kapern im Blut.
Als sich ein französischer Zweimast-Schoner ahnungslos der kleinen Kolonie nähert, wird er von Leutnant Kling und seinen Männern gekapert. Es ist die schon halb zum Wrack verkommene Lutece.
6. September:
Lutece läuft aus.
Trotz des mangelhaften Zustands holen die Männer gleich am nächsten Tag die Reichskriegsflagge auf der Insel ein und lassen die Gefangenen mit Proviant für zwei Monate und einem kleinen Boot zurück. Sie stechen mit dem maroden Segler in See und erreichen auf der vergeblichen Suche nach ihrem Kapitän wie durch ein Wunder die Osterinseln, wo sie auf ein Riff laufen.
Nach einem Ruheaufenthalt erreichen sie schließlich das neutrale Chile, wo man sie interniert.
Zitate
In der Geschichte zum 25-jährigen Bestehen des Rostocker Yachtclubs 1930 schreibt der Vorsitzende:
"Ein Lichtblick war der Besuch des Grafen Luckner, der inzwischen die Ehrenmitgliedschaft des Klubs angenommen hatte. Echter Seemannsgeist und reine Vaterlandsliebe durchglühten den unvergesslichen Abend des 22. Februars 1923 im "Wintergarten". Des Grafen Wahlspruch "Jungs, holt fast; de dütsche Eekboom steiht noch!" war eine mannhafte Mahnung an die Mutlosen und Verzagten zum treuen Ausharren."
Aber der alte Luckner ist noch nicht am Ende, er verbreitet noch das Gerücht eines auf der Insel Mopelia vergrabenen Schatzes und auch sein Leben soll verfilmt werden, Hans Albers hält sich bereit...
Wer war Felix Graf Luckner? Ein Abenteurer, ein Seemann, ein Lügenschreiber, ein Angeber und Scharlatan, ein Kosmopolit und Völkerfreund? Oder etwas von allen? Er war für zwei Generationen Deutsche eine der schillerndsten Figuren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, im In- und Ausland bekannt.
Ulf Hansen
Unser nächstes Ziel war Levuka ... Doch eine Sache war zumindest für mich als Deutschen interessant: Im örtlichen Club war ein Brief von Felix Graf Luckner zu besichtigen. Graf Luckner, damals auch der Seeteufel genannt, hatte mit einem als Frachter getarnten Kaperschiff im ersten Weltkrieg den Pazifik unsicher gemacht, und dort einigen Schaden angerichtet, bis er im Pass des Atolls Mopelia strandete.
Er hat sich dann wohl mit einem Rettungsboot auf den Weg zu deutschen Kolonien gemacht, und dabei hier und da mal einige Lebensmittel mitgehen lassen. In dem hier vorliegenden Brief entschuldigt er sich dafür, benutzt dabei aber nicht seinen eigenen Namen, sondern den des Kriminalschriftstellers Pemberton. Warum mich das interessierte? Nun, ich habe als Junge sein Buch verschlungen, und ihn sogar persönlich bei einer Lesung erlebt, wirklich eine beeindruckende Erscheinung!
Frank Priester
Thesen zum Schiffbruch
NACHTRAG
1987 bricht der Weltumsegeler Rollo Gebhard von Papeete nach Alaska auf.
In seinem bezaubernden Buch "Mein Pazifik" schreibt er:
Kurs Westsüdwest! Maupihaa - Luckners Insel - sollte unser erstes Ziel sein...
Schon während der letzten Tage auf Bora-Bora hatte es für uns nur noch ein
Thema gegeben: die gefährliche Einfahrt von Maupihaa, eine etwa 20 Meter
breite Rinne, durch die man in die Lagune gelangen kann.
Aber durch diese einzige Öffnung in der Riffmauer läuft alles
Wasser zurück in die See. Wasser, das zuvor von der Brandung über das
Riff in die Lagune geworfen wurde. Dabei erreicht der herausfließende Strom
Geschwindigkeiten bis zu sechs Knoten, was etwa der des Rheins beim Loreleifelsen entspricht.
Aber der Rhein hat tiefes Wasser, der Paß von Maupihaa dagegen ist mit Korallenblöcken
gespickt und soll angeblich dazwischen Untiefen von nur 2,50 Meter haben.
Die SOLVEIG, schwer beladen mit Ausrüstung aller Art, mit Lebensmitteln
für fast ein Jahr, Kraftstoff und Wasser, braucht etwa 2,30 Meter, um nicht auf Grund zu laufen.
Da blieb uns kaum mehr die berühmte »Handbreit« unter dem Kiel!
Rollo und seine Begleiterin wagen jedenfalls den Höllenritt und schaffen es ins Innere der Lagune.
Einziger Bewohner (samt Frau und Kind) des Paradieses ist Michéle
Seit drei Jahren lebt er hier - u. a. die Zisternen nutzend, die Graf Luckner und seine
Crews gesprengt hatten...
Das vorgefundene Paradies aber trügt: Die auf der Insel lebenden Riesenschildkröten sind Raubgut
der Einheimischen, zu horrenden Preisen werden sie auf dem Schwarzmarkt in Tahiti an Feinschmecker verhökert.
Wir fanden die Schildkröten dicht hinter dem Strand unter Bäumen liegen. Ihre Flossen waren mit
Bast gefesselt und paarweise zusammengebunden. Entsetzt sahen wir, wie ihre Köpfe von
Zeit zu Zeit zuckten, und hörten, wie sich ihren Kehlen ein Stöhnen entrang.
Oft hatte ich auf See das Atemholen einer Schildkröte gehört, aber die Seufzer der
hilflos auf dem Rücken liegenden Tiere waren etwas ganz anderes.
Das Geräusch verfolgte mich nächtelang.
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