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Ein wenig schottische
(und bayerische)
Historie


1. Alexander II. und "Bonnie Prince Charlie"

Seit 1214 ist Alexander II. König von Schottland.
1215 haben MacWilliam und MacHeth, schottische Clans und erbitterte Gegner des Königshauses, einen Aufstand angezettelt, den loyale Truppen niederschlagen.
Im selben Jahr verbündet sich Alexander mit den englischen Adligen, um König Johann Ohneland zu entmachten. Nach dessen Tod im Jahr 1216 vereinbaren der neue englische König Heinrich III. und der Frankreichs Kronprinz Ludwig VIII. einen Friedensvertrag, dem sich auch Schottland anschließt. 1222 wird das bis dahin halbsouveräne Argyll vollständig ins schottische Reich integriert.
1235 schlagen königliche Truppen einen Aufstand in Galloway nieder, der anschließende Versuch einer Invasion durch die vertriebenen Anführer bleibt erfolglos. Nun will Alexander die Äußeren Hebriden, die nominell noch immer mit Norwegen verbunden sind, eingliedern. Die Verhandlungen über einen Kauf scheitern.
Ewen, der Sohn von Duncan, Lord von Argyll, bleibt Norwegens König loyal. Alexander segelt los, um Ewen durch Androhung von Gewalt zum Einlenken zu zwingen. Bei der Insel Kerrera in den Inneren Hebriden erkrankt Alexander jedoch schwer und stirbt auf Schloss Gylen.
Sohn Alexander III. besteigt den Thron.

Dann geht es ewig weiter so, Intrigen, Krieg, Aussen- und Innenpolitik überschneiden sich.
Charles Edward Stuart, "Bonnie Prince Charlie" ist Protagonist im Zweiten Jakobitenaufstand ("the Forty-Five"). 1720 in Rom als erster Sohn von James Francis Edward Stewart und der polnischen Prinzessin Maria Clementina Sobieski, geboren, fließend Latein, Italienisch, Französisch, Englisch und Gälisch sprechend, kommt aus Frankreich und hisst, wenige Tage nach seiner Landung bei Glenfinnan, im Zeichen der Rebellion seine Standarte. Mit etwa 3.000 Highlanders verschiedener Clans marschiert er auf Edinburgh, nimmt Stadt – nicht aber Burg, schlägt die zur Rückeroberung Edinburghs anrückenden Regierungstruppen unter Sir John Cope in der Schlacht bei Prestonpans vernichtend. Gut sechs Wochen lang residiert der Prinz im Palast von Holyroodhouse, gibt einen großen Ball (auf dem er die Damen nur so verzaubert).
Bald danach marschiert er mit seiner auf 5.000 Mann angewachsenen Highland-Army in England ein, wo er sich Zulauf von englischen und irischen Jakobiten erhofft - vergeblich. Bonnie Prince Charlie nimmt aber Lancaster und Manchester ein und steht bald Derby, knappe 150 km vom völlig unvorbereiteten London entfernt: Panik bei Hofe und in der ganzen Stadt. Da begeht Bonnie einen strategisch entscheidenden Fehler: Anstatt weiter auf das völlig überraschte London vorzurücken, zuwingen ihn seine Offiziere zum Rückzug nach Schottland. Die englische Regierung schickt ihm Herzog von Cumberland, Sohn König Georgs II. hinterher. In der Schlacht bei Falkirk 1746 siegen die Jacobiten noch einmal, ziehen sich dann aber nach Inverness zurück.
Cumberland schlägt am 16. April 1746 diese total erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete Armee von knapp 5.000 Mann vor den Toren der Stadt in der Schlacht bei Culloden vernichtend, eer verfügt über eine gut ausgerüstete, disziplinierte und trainierte Armee von 9.000 Mann, die in nur knapp 25 Minuten die Clanarmee zu vernichten - und Cumberalnd kennt keine Gnade. In Schottland schimpft man ihn fortan "Schlächter" - die Engländer feiern ihn als Held.

Der Prinz entkommt. 5 Monate irrt er kreuz und quer durchs Hochland und über die Inseln. Trotz der unglaublichen Belohnung von £30.000 Kopfgeld, die auf seinen Kopf ausgesetzt sind, helfen die Schotten ihm, dem alten Königshaus noch immer treu ergeben. Sie verstecken ihn, mit Hilfe der im Hochland noch heute als Heldin gefeierten Flora MacDonald entkommt er in Frauenkleidern. Als Zofe Betty Burke verkleidet rudert er zusammen mit Flora in einer höchst abenteuerlichen Fahrt über das Meer zur Insel Skye.

Am 20. September 1746 schifft Bonnie Prince Charlie sich bei Moidart ein, segelt nach Frankreich, irrt die nächsten 15 Jahre kreuz und quer durch Europa, verfällt dem Alkohol.
Die Briten bringen über das in den 1730er Jahren ausgebaute Wege- und Straßennetz ihre Truppen ins Hochland und postieren sie an strategisch wichtigen Punkten in Festungen wie dem speziell dafür errichteten riesigen Fort George nahe Inverness.
Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und -mitglieder fliehen ins Ausland oder die Briten richten sie nach Schauprozessen hin. Der Disarming Act von 1747 verbietet den Hochländern das Tragen von Waffen und ihrer traditionellen Hochlandkleidung. Ein Großteil des alten gälischen Kulturgutes versiegt für immer, die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Hochland ändert sich drastisch. Die romantische Erinnerung an den letzten Stuart – Bonnie Prince Charlie - aber lebt für immer.

Nachbemerkung für Bayern

Eine Liste mit britischen Monarchen führt die Thronfolge bis in die Gegenwart auf.
Heutige Jakobiten betreiben eine romantische Genealogie (sie erkennen die Einsetzung Marias II. nicht an). Zwar ist das Haus Stuart in der männlichen Linie erloschen. Der derzeitige Erbe, welcher Thronprätendent sein könnte, ist Herzog Franz von Bayern, dieser ist Urenkel der Prinzessin Maria Theresia von Modena, einer Nachfahrin der Stuarts. Anders als die Nachfolge des Chefs des Hauses Wittelsbach, geht die Thronprätendentenfolge auch auf weibliche Nachkommen über. Da Franz keine Nachkommen besitzt, wird nach seinem Bruder seine Nichte Sophie, die mit Alois, Erbprinz von und zu Liechtenstein, verheiratet ist, Erbin der Stuarts. Also wird das Haus Liechtenstein die Wittelsbacher als Erbe der Stuarts ablösen. Dessen gemeinsamer Sohn Joseph Wenzel II. von und zu Liechtenstein ist der erste Erbe seit James Francis Edward Stuart, der auf der britischen Insel 1995 in London geboren ist.
Die modernen Jakobiten sind 'defenders of Scotland',
lehnen auch den Beschluss des damaligen schottischen Parlamentes zur Vereinigung mit England ab, betrachten das Vereinigte Königreich als illegal.



2. Clearances




Die Highland Clearances (Räumung des Hochlandes, gälisch: Fudach nan Gàidheal, "Vertreibung der Gälischsprachigen") ist eines der dunkelsten Kapitel schottischer Geschichte.
Die Briten vertreiben sysematisch die ansässigen Bevölkerung im schottischen Hochland zugunsten ihrer flächendeckenden Schafzucht, beginnend im späten 18. Jahrhundert bis Ende des 19. Jahrhunderts. Die Gutsherren - in bequemer rechtlicher Stellung - initiierten sie, zum Teil gewaltsam und führen sie in kurzer Zeit durch. Die Räumung lassen zugezogene englische, aber auch alteingesessene schottische Gutsherren zumeist durch ihre Verwaltern (factor) durchführen, die einheimische landlose Kleinbauern und Pächter, häufig seit Generationen vor Ort lebend, trifft Oft lösen die Herren ganze Dorfgemeinschaften auf, zerstören ihre Hütten, bringen die Vertriebenen gewaltsam auf Auswandererschiffe, verschiffen sie nach Nordamerika oder Australien. Das Land verbleibt wenigen Schafzüchtern aus dem schottischen Flachland oder England. Deshalb nennen Schotten aus dem Hochland die Schafzucht noch heute "Geißel Schottlands".
Das Trauma der Vertreibung verschmilzt zunehmend mit dem schottischen Nationalgefühl, führt seit Ende des 19. Jahrhunderts zu erbitterten Kontroversen. Forderungen nach Entschädigung werden laut; ebenso Vorwürfe an die Gutsherren, Völkermord begangen zu haben. Für Karl Marx sind die Räumungen der "letzte große Expropriationsprozeß" im Rahmen der Akkumulation.
Im beginnenden Industriezeitalter steigen die Preise für Wolle derart, dass die Pacht der Kleinbauern mit dem Ertrag der großen Schafzüchter nicht mehr mithalten können. Zusätzlich verschärfte eine Bevölkerungsexplosion und instabile Ernten die Situation. Ergebnis der Räumungen ist Zerstörung des schottischen Clanwesen, die gälische Sprache in Schottland ist weitgehend ausgestorben, lediglich auf den Hebriden sowie an der Westküste der Highlands konnte sie sich halten.
Soweit Betroffene die Vertreibung überleben, werden sie in die kargen Küstenregionen Schottlands, die aufstrebenden britischen Industriestädte oder nach Nordamerika, vor allem Nova Scotia, umgesiedelt.
Zu Recht spricht die Geschiche von "ethnischer Säuberung", die Gutsherren nehmen gälischsprachige Hochländer sherren durchaus als fremd wahr, Belege für den Vorsatz, eine kulturelle Gemeinschaft zu zerstören, sind aber schwer auszumachen.
Dem heutigen Touristen bietet sich ein Idyll aus Steinruinen und Schafherden auf baumlosen Weiden. 1998 (die letzte Erhebung) besitzen lediglich 66 Landbesitzer immerhin ein Viertel der Landfläche Schottlands, sowie 1.252 fast 66 % des schottischen Grund und Bodens.
Ein Augenzeuge:
Es war eine bunt gemischte Ansammlung mindestens dreier Generationen von Bauern. Es waren alte Männer und Frauen, zu schwach um zu gehen, die in Schubkarren gefahren wurden, die jüngeren Mitglieder der Familie zu Fuß, ihre Kleiderbündel und ihre Haushaltsgegenstände tragend.
Neben ihnen liefen Kinder mit ängstlichem Blick.
Als sie sich wieder in Bewegung setzten, klang ein klagender Schrei zum Himmel hinauf, der lange traurige Zug, wie ein Beerdigungsmarsch, zog weiter und als die letzten Vertriebenen hinter dem Hügel verschwanden schien es, als würde das Echo im ganzen weiten Tal von Strath als Verzweiflungsschrei widerhallen. Die Menschen sollten nach Kanada verschifft werden!
Ich bin seitdem oft über den verlassenen Boden Suishnishs gewandert. Nicht eine Seele ist dort noch zu sehen, aber die grüneren Stellen am Boden und die eingestürzten Mauern deuten auf einen Ort, an dem einst eine lebhafte und glückliche Gemeinschaft lebte.
    

3. Weltkriege



Im WK II spielen die Orkneys eine nicht unbedeutende Rolle.
Die Zahl der dort stationierten Soldaten übersteigt die der einheimischen Bevölkerung um ein Vielfaches, was zu großem wirtschaftlichen Aufschwung führt. Scapa Flow, ein kleines Binnenmeer im Süden des Archipels mit zahlreichen Naturhäfen, und Stromness als port of last call (letzter zur Versorgung anzulaufender Heimathafen) der britischen Admiralität, spielten schon immer eine Rolle, insbesondere für die Expeditionsfahrten unter Drake, Bligh, Franklin u.a., als Stützpunkt und wichtigster Rekrutierungsstandort der Hudson’s Bay Company oder als einer der wichtigsten Hafenstandorte verschiedener Fischerei-Booms vom 16. bis 19. Jahrhundert mit bis zu weit mehr als 10.000 Saisonarbeitern und -arbeiterinnen in den Verarbeitungsbetrieben an Land.
Lyness/Hoy: Heimathafen und Basis der Grand Fleet im 1. Weltkrieg, Lyness und Flotta: Heimathafen und Basis der Home Fleet im 2. Weltkrieg, Seegebiet unmittelbar östlich der Inseln Cava und Rysa Little: Schauplatz der Selbstversenkung der internierten kaiserlich-deutschen Flotte am 21. Juni 1919.

Scapa Bay im nordöstlichen Teil der Flow: In der Nacht auf den 14. Oktober 1939 dringt das deutsche U-Boot U 47 in den stark gesicherten und als "uneinnehmbar" geltenden Hafen der britischen Home Fleet, Scapa Flow, ein. (Im WK I sind zwei deutsche U-Boote an diesem Versuch gescheitert.) Zunächst scheint Kommandant Prien lohnenden Ziele nicht zu finden. Dann aber sichtet U 47 im Nordosten zwei vor Anker liegende große Schiffe.

Prien lässt im ersten Anlauf zwei Torpedos auf die Royal Oak abschießen, die aber nicht explodieren - Magnetzünderversagen. (Ursache könnten die zu dieser Zeit in Nordwesteuropa auftretetenden Erdmagnetfeldstörungen gewesen sein, U 47 ist noch unentdeckt, Prien fährt zweiten Anlauf, bei dem er Torpedos mit Aufschlagzünder verwendet. Das vordere Schiff HMS Royal Oak treffen zwei Torpedos, es sinkt in wenigen Minuten. Die Deutschen töten über 800 britische Seeleute, unter ihnen Admiral Blagrove sterben. Ein dritter Torpedo trifft das dahinter liegende, teilweise von der


Royal Oak

verdeckte Schiff. Nach offiziellen Angaben der Briten das Flugzeugmutterschiff HMS Pegasus, Prien meint, Schlachtkreuzer HMS Repulse erkannt zu haben. Da die Repulse zu dieser Zeit nicht in Scapa Flow ist, könnte es das alte Schlachtschiff HMS Iron Duke gewesen sein, der Repulse ähnlich.

Mit Mühe gelingt es Prien, sein Boot wieder heil aus Scapa Flow herauszubringen und erreiht am 17. Oktober 1939 Wilhelmshaven. Prien bekommt das Eiserne Kreuz I. Klasse, die Besatzung wurde das Eiserne Kreuz II. Klasse. Spitzname: „Der Stier von Scapa Flow“. Die Besatzung von U 47 wird nach Berlin beordert, Prien zum ersten breit propagandistisch vermarkteten Kriegshelden der Marine. Am 18. Oktober verleiht Adolf Hitler persönlich ihm als ersten Soldaten der U-Boot-Waffe das Ritterkreuz - für die heimtückische Ermordung von 800 Menschen ...

Nachtrag:



In seiner Autobiographie "Mein Weg nach Scapa Flow" von 1940 mit einer Auflage von 890.000 (Platz 8 der Bestsellerliste der Nazizeit und bekanntestes U-Boot-Buch) schildert Prien seinen Werdegang in der Handelsmarine, wo arrogante Vorgesetzte und Naturgewalten dominieren, und seinen gesellschaftlichen Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen bis zum Ritterkreuzträger und Idealbild der NS-Propaganda.
Um Priens Tod schwirren Gerüchte; U 47 soll durch eigenen defekten Torpedo 1941 gesunken sein.






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