Odyssee

Spuren




Wer - wie der admiral - das (fast ausgestorbene) humanistische Gymnasium besuchen durfte, mit der Übersetzung des Originals von Homers Ilias und Odyssee in holpriges Deutsch geplagt wurde und wer - durch alle trockenen Pauker-Interpretations-Verrenkungen hindurch - noch den Hauch des authentischen Abenteuers spürte, noch das Rauschen der Brandung hörte,

wer die Romane Defoes und Foresters verschlang, die Routen der Sailors Crusoe, Hornblower und Sea-Wolf, von James Cook und Alexander Humboldt, die Kurse manch anderer Erfundener und Echter mit dem Finger im Atlas nachfuhr, wer mit 16 durch puren Zufall mit Hochsee-Segeln in Berührung kam - wer schließlich mit 33 erstmals unter Commodore Christian Horatio Bissel die Ägäis befahren durfte, der kommt unweigerlich zu Bradford, Schliemann und Dörpfeld, zu Troja und Odysseus zurück ...

UND SO FINGS AN:

Und was draus wurde, seht ihr bei den Törns, und wissen alle, die mitfuhren...






Als unser SF Kai H. am Markleeberger See unterwegs war,
entdeckte er auch dort eine Spur von Odysseus ...

Wer Roberto Bolaños Roman '2666' --> liest, findet in den Literaturwissenschaftlern Espinoza und Pelletier zwei Odysseus-Kopien (S. 66ff) und im dritten im Bunde, Morini, Freund Eurylochos wieder.
Bolaño bewertet dessen zwei sehr unterschiedliche Heldentaten:
Die erste spielt auf seine Klugheit an, sich nicht in ein Schwein verwandeln zu lassen, also auf sein einsames und individualistisches Bewusstsein, auf sein methodisches Misstrauen, seine seemännische List.
Die zweite dagegen handelt von einem profanen, frevlerischen Abenteuer, dem von den Rindern des Zeus oder eines anderen mächtigen Gottes, die friedlich auf der Sonneninsel weideten und damit Eurylochos’ gewaltigen Appetit weckten, der mit wenigen intelligenten Worten seine Kameraden dazu verlockte, sie zu schlachten und einen großen Festschmaus miteinander zu halten, was Zeus oder den betreffenden Gott über die Maßen erzürnte, so dass er Eurylochos für sein aufgeklärtes oder atheistisches oder prometheisches Gehabe verfluchte, denn weniger der Verzehr seiner Rinder als solcher hatte den Gott gekränkt als vielmehr Eurylochos’ Auftreten, seine Hunger-Dialektik, und wegen dieser Tat, wegen des Schmauses, kenterte das Boot, in dem Eurylochos saß, und alle Seeleute starben, und das war es, wovon Pelletier und Espinoza glaubten, es werde Morini zustoßen, nicht bewusst natürlich, sondern als lose Gewissheit oder Intuition, als winziger schwarzer Gedanke oder winziges Symbol irgendwo in einem winzigen schwarzen Seelenwinkel der beiden Freunde.
Gegen Ende des Jahres 1996 hatte Morini einen Albtraum. Er träumte, dass Norton in ein Schwimmbecken sprang, während Pelletier, Espinoza und er um einen Steintisch versammelt waren und Karten spielten. Espinoza und Pelletier saßen mit dem Rücken zum Becken, das anfangs ein ganz normaler Hotel-Swimmingpool zu sein schien. Während des Spiels beobachtete Morini die anderen Tische, die Sonnenschirme, die um das Becken aufgereihten Liegestühle...